Mittwoch, 11. Mai 2016

Die Bücherdiebin

Jetzt habe ich endlich das Buch "Die Bücherdiebin (The Book Thief)" von Markus Zusak durch. Ich sage endlich, weil ich ein wenig länger gebraucht habe. Ja, es fiel mir schwerer dieses Buch zu lesen, als gewöhnlich.
Angefangen habe ich das Buch, weil es mich selbst einfach angesprochen hat. Nicht etwa, weil es in Deutschland spielt, oder weil es um ein Mädchen, ihre Familie und ihre Freunde geht, nein, es lag schlicht und einfach an dem Titel; ich finde den Gedanken einfach schön, dass es selbst in den grauen und schwarzen Zeiten Hitlers Hoffnung für die Bücher gab und wenigstens ein Mensch - auch, wenn es nur ein kleines Mädchen war - den Glauben an sie und die Wirkung ihrer Worte nie verloren hat.

Überhaupt ist die Handlung des Buches eigentlich richtig fesselnd und spannend.
Es geht um Liesel Meminger, deren Bruder auf einer gemeinsamen Zugfahrt mit ihr und ihrer Mutter an einem Hustens stirbt. Liesel selbst ist zu der Zeit zehn Jahre alt und ihr Bruder sechs. Es ist einfach schrecklich, dass so etwas passiert, dass ihr Bruder dann in irgendeiner Stadt begraben wird, deren Namen sie nicht einmal kennt.
Doch in dieser Stadt stiehlt Liesel mit zehn Jahren ihr erstes Buch. Sie weiß noch nicht, wie es heißt, worum es geht und vor allem, was es alles so auslöst...
Sie versteckt das Büchlein in ihrem Köfferchen und wird dann von ihrer Mutter abgegeben. Statt zwei Pflegekindern bekommen die Hubermanns nun nur eins. Die Hubermanns - Liesels neue Familie - bestehen hauptsächlich aus einem Ehepaar - nicht mehr ganz jung aber auch noch nicht zu alt für ein neues Kind - Rosa und Hans Hubermann. Rose ist ruppig, vulgär und wird in dem Buch häufig als schrankförmig beschrieben... was sie in meiner Vorstellung irgendwie füllig erscheinen ließ. Hans ist groß, schlank und besitzt (oder bekommt im Laufe des Buches) tiefe Falten im Gesicht. Er ist ruhig, und scheint immer die richtigen Worte zu finden. Er dringt - so kurz nach dem Tod ihres Bruders und Verlassen ihrer Mutter - zu Liesel durch, hilft ihr aus ihrer Einsamkeit hinaus und bringt ihr das Lesen bei.

So viel zum Anfang des Buches. Das Buch handelt davon, wie Liesel dort aufwächst, was sie in der Himmelstraße so alles erlebt und wen sie trifft. Einige dieser Treffen dauern länger und sind von großer Bedeutung, andere sind kurz, hässlich und nicht von langer Dauer. Natürlich ist nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen, denn immerhin tobt draußen der Sturm des Krieges. Es ist teilweise echt brutal und heftig...

Aber das Wichtigste an dem Ganzen habe ich bis jetzt noch gar nicht erwähnt!
Eigentlich handelt das Buch nicht von Liesel. Eigentlich ist es eine Geschichte über sie, die uns jemand erzählt, der dreimal persönlich Anteil daran fand: der Tod.

Dieses Buch ist aus der Sicht und in dem Erzählstil des Todes geschrieben. Es fing alles mit dem Tod ihres Bruders an; dem ersten Aufeinandertreffen des Todes und Liesel. Wie bereits erwähnt treffen sich die beiden noch zwei-/dreimal im Verlauf des Buchs.
Der Tod erzählt die Geschichte und weil ich gestern eine wirklich lange und intensive Deutschklausur geschrieben habe, weiß ich jetzt, dass er die Geschichte im Stil des auktorialen Erzählers erzählt (nur für diejenigen unter euch, die etwas damit anfangen können!).
Er mischt sich zwar im Gegensatz zu den Gewohnheiten dieser Erzählweise immer wieder ein, lässt seine Meinung hören, bringt die Geschichte durcheinander und erzählt Teile der Geschichte, die nur entfernt mit Liesel zu tun haben... die aber schlussendlich wieder zu ihr zurückführen. In diesem Sinne ist der Tod hier also ein allwissender Erzähler und erzählt von Dingen, die nur er wissen kann und die Liesel selbst zu dem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich noch nicht einmal interessieren würden!

Mehr als einmal bekommt man die Chance zu lesen: Genau so, wie Sie und ich wissen...

Vielleicht war es das, was mich an diesem Buch gestört hat, dass nicht immer alles der Reihe nach lief. Dass wir nicht einfach Liesels Geschichte lesen können und uns selbst oder eben erst hinterher unseren Teil dazu denken können. Oder vielleicht war es eben die Erzählperspektive, die Tatsache, dass man zwar zwischendurch immer mal einen Einblick in Liesels Herz bekam, aber eben nicht davon leben konnte und nicht weiterdenken konnte, sondern eigentlich immer im Gedankenstrom des Todes gefangen war (der übrigens auch ein Herz hat, das Kreise schlägt!).

Damit bin ich mir nicht sicher und das heißt ja auch nicht, dass es euch vom Lesen abhalten soll,  davon euer eigenes Urteil zu fällen...

Natürlich passiert in dem Buch viel, viel Spannendes und auch viel, das mit Freundschaft zu tun hat, aber ich bekam irgendwie (vielleicht lag auch das am Erzählstil des Todes) den Eindruck, dass alles, also das Wesentliche, das, was mich interessierte und das, das von Bedeutung war, dass das alles erst im letzten Viertel des Buches geschah. Natürlich liegt auch das an mir, denn natürlich passiert auch in den ersten drei Viertels des Buches Einiges. Immerhin herrschte Krieg, Leute starben... oder starben eben nicht oder nur fast, aber auch jeden Fall passierte etwas.
Nun, das war meine Meinung.
Das, was ich auch jeden Fall gut fand, waren die gelegentlichen, kleinen Raubzüge Liesels, auf denen sie sich ihre Bücher aussucht, so wie ich, wenn ich in eine Buchhandlung komme - natürlich mit dem Unterschied, dass ich bezahle! Es war schön, Liesels Freude über die Bücher zu spüren und als die eigene wiederzukennen.

Dann gab es da natürlich auch noch die ganze Philosophie hinter den Seiten des Buchs. Der Tod und auch die Personen in Liesels Leben und ihrer Geschichte, philosophieren sich die ganze Zeit einen zurecht und man kommt nicht umhin sehr viel über diese eine bestimmte Zeit nachzudenken.
Aber die größte und meiner Meinung nach wichtigste Philosophie in diesem Buch war die über die Wörter.
... An einer Stelle ziemlich weit hinten im Buch (dort schreibt Liesel gerade selbst etwas) steht:
"Ich habe die Worte gehasst, und ich habe sie geliebt und ich hoffe, ich habe sie richtig gemacht." (S.563)

Selbstverständlich ist das längst nicht alles - noch nicht einmal mit der Philosophie über Wörter - und selbstverständlich kommt auch schon viel eher etwas über diese kleinen Freunde unserer Leben zutage, aber dieser Satz - vielleicht, weil er einer der letzten von Liesel selbst ist - ist mir irgendwie wichtig und in Erinnerung geblieben.
An dieser Stelle fragt sich Liesel, ob sie dieses Buch auch richtig geschrieben hat. Klar, bei dem Buch kamen mir viele Fragen, aber auf diese eine glaube ich die Antwort zu kennen.

Man kann vieles falsch machen, aber etwas, dass man selbst so voller Hingabe gemacht hat, wie Liesel es tat, kann doch gar nicht falsch sein - oder?

Aber noch während sich in mir langsam eine mögliche Antwort auf Liesels mögliche Frage stellte, kamen mir einige mehr.

Wie macht man Worte?, war nur eine davon, klar, man bildet sie, reiht Buchstaben an Buchstaben aneinander und formt sich die Worte so zurecht, wie man sie gerne hätte. Und natürlich erfordert das Feingefühl - das denke ich zumindest -, aber dennoch birgt sich in diesem Satz von diesem kleinen Mädchen (die übrigens nur fiktiv entstanden ist) eine noch größere Frage, die ich hier irgendwie noch nicht so ganze festzuhalten bekam...

Ja, klar. Mal abgesehen von diesem ganzen Philo-Quatsch, konnte ich mir vor diesem Buch noch nie wirklich gut Daten merken. In der Art von Anfang und Ende ersten und zweiten Weltkriegs. Natürlich hatte ich persönlich in Geschichte deswegen ein paar Schwierigkeiten und ich will auch gar nicht behaupten, dass ich jetzt alles auf die Reihe kriegen würde, aber ein paar der wirklich wichtigen Daten scheinen jetzt in meinem Verstand (und zwar in dem größten Teil davon, dem Büchergedächtnis) eingedrungen zu sein...

Jetzt habe ich echt viel geschrieben (Philo...), aber vielleicht wollt ihr ja noch den ersten Satz des Buches lesen!?
"Zuerst die Farben." (S.9)
Logisch, es ist kein langer Satz (meinen Erfahrungen nach eine Ellipse ;)), aber dennoch ist er einer der wichtigsten. Nicht, dass irgendwer dazu noch einmal Bezug nimmt, aber dennoch ist es der Anfang für eines der größeren Themen dieses Buches... und nicht nur das, es ist auch der Anfang zu einem großen und äußerst interessanten Buch, das sowohl seine Vorteile als auch seine Nachteile hat!

Ich hoffe, das war euch heute nicht zu viel Psycho-Gelaber... nächste Woche gibt es wieder etwas Spannenderes, das kann ich euch versichern! Vielleicht versucht ihr ja bis dahin noch ein paar Antworten zu finden?!
18.55

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